Du betrachtest gerade Vom Amateur zum Profi – die NCAA im Wandel

Vom Amateur zum Profi – die NCAA im Wandel

Im kommenden Jahr werden College-Sportler in den USA erstmals von ihren Universitäten bezahlt. Dadurch fällt die mühsam aufrecht erhaltene Fassade des Student-Athlete. Man stempelte sie als reine Amateure ab, die durch ihre Leistungen jedoch millionengewinne für Verband und Universitäten erzielen.

Die Traditionalisten

Einer der diese Entwicklung vorhergesehen hatte und nicht mitgehen wollte, war Nick Saban. Die Coaching-Legende beendete nach der vergangenen Saison seine Karriere, nachdem er zuvor 17 Jahre lang das Steuer der University of Alabama inne hatte und dabei sechs National Championships errang.
Dabei hatte er noch 2022 seinen Vertrag bei den Crimson Tide bis 2029 verlängert. Sein Aus begründete er damit, dass es alles an was er in all den Jahren als Coach geglaubt hatte nun nicht mehr gibt. Er wollte Spieler entwickeln und ihnen dabei helfen im Leben erfolgreich zu sein.

Mittlerweile sei er davon überzeugt, dass die neue Generation an Talenten andere Prioritäten bei der Auswahl ihres Coaches und Colleges hat. Es gehe ihnen nur noch darum am College mit ihrem Talent bereits das große Geld zu machen.
Dabei muss man wissen, dass diese Worte aus dem Mund eines Mannes kommen, der sich als Coach vertraglich zusichern ließ immer der bestbezahlte Trainer im College Football zu sein und so im Laufe der Jahre laut „Forbes“ mehr als 115 Millionen Euro von Alabama auf sein Konto überwiesen bekam – hochdotierte Werbeverträge on top!

Mit seinem Gehalt strich er jährlich die doppelte Summe ein als das was alle 85 Stipendiaten seines Footballteams zusammen an finanzieller Unterstützung bekamen. Aber die alten Traditionalisten der populärsten Sportart der USA waren noch nie begeistert wenn Veränderungen anstanden.

Diese Gruppe war es auch die lange die Gleichbehandlung von Studentinnen an Schulen blockierte, wie sie bereits seit 50 Jahren per Gesetz vorgesehen ist. Man wollte keine Umverteilung der Ressourcen und hätte die Studentinnen weiterhin am liebsten ignoriert.

Mittlerweile einigten sich die NCAA und fünf der einflussreichsten und umsatzstärksten Conferences auf ein Konzept, welches sehr lange auf massiven Widerstand gestoßen ist: Studenten und Studentinnen, die mit ihren sportlichen Leistungen die Universitäten repräsentieren, bekommen ab 2025 ein Gehalt. Eine Entscheidung die mit der romantischen Vorstellung von Nick Saban um seine Student-Athletes natürlich nicht mehr in Einklang zu bringen war.

Ab diesem Zeitpunkt sind die Sportler dann Angestellte der Universitäten die leistungsgerecht bezahlt werden. Diese Einigung wurde deshalb möglich, weil die NCAA berechtigte Sorge hatte eine drohende Sammelklage mit hohen Ersatzforderungen vor Gericht verlieren zu könnte.

Alte Zöpfe

Dem musste man vorbeugen und dem 100 Jahre alten System die Zöpfe teilweise abschneiden um das angestaubten Image loszuwerden. Bislang wurde sehr viel Geld damit gemacht die Sportler um ihren Verdienst zu berauben. Es ist viel Geld im Umlauf – nun werden erstmal auch die Leistungserbringern partizipieren.

Laut einer Statistik von 2019 werden im College-Sport durch Fernsehrechten, Stadionbesucher von bis zu 100.000 pro Partie und Fanartikeln landesweit mehr als 14 Milliarden Euro eingespielt. Davon bekamen die talentiertesten Studenten und Studentinnen lediglich die Studiengebühren in Form eines Stipendiums erlassen und haben ansonsten ausschließlich für Ruhm und Ehre die Farben des Colleges repräsentiert. So gefiel es ein Jahrhundert lang den finanziellen Profiteuren wie Nick Saban.

Doch bereits zuvor hat eine höchstrichterliche Grundsatzentscheidung im Streit um die Persönlichkeitsrechte der Studenten den Weg zu Einnahmen aus ihrem Bekanntheitsgrad freigemachte. Dadurch landeten seither mehr als 900 Millionen Euro pro Jahr direkt auf Konten von Athleten.

Sowohl Frauen als auch Männer profitieren sportartübergreifen davon. Egal ob Basketball, Turnen oder Football – für Einnahmen aus NIL (=Werbeverträge) ist alleine entscheidend wie populär ein/e Sportler/Sportlerin ist. Diese haben teilweise mehrere Millionen Follower in den sozialen Medien und sind so die perfekten Werbegesichter für viele große Unternehmen.

Eine außergerichtliche Einigung über Schadenersatzzahlungen von insgesamt 2,6 Milliarden Euro beendete die laufende zivilrechtliche Auseinandersetzung. Dabei wurde auch ein Modus beschlossen, wie das Geld über die den Conferences angehörenden Universitäten ausgeschüttet werden soll.

Nur 22 Prozent der Gesamteinnahmen

Die Rede ist dabei von 18,4 Millionen Euro pro College. Manch anderes ist aber bislang noch unklar. Das betrifft nicht nur die Verteilung der Schadenersatzsumme an Studenten in Sportarten wie Lacrosse, Wasserball, Golf oder Tennis, die alle nur existieren können, weil die Football- und Basketballteams als Zugpferde die Aufmerksamkeit auf die Universitäten lenken. In erster Linie ist weiterhin offen wie man arbeitsrechtlich die Anstellungsverhältnisse zwischen den Hochschulen und den Sportlern gestalten wird.

Unklar ist auch wie sich die Einzahlungen in den Topf gestallten lassen, aus dem die Athleten künftig bezahlt werden. Die kleineren Conferences und deren Mitglieder werden sich schwer damit tun den Forderungen der Großen nachzukommen und ihren Anteil von 830 Millionen Euro einzubringen. Das auch vor dem Hintergrund, dass diese sich schon länger nicht mehr dem großen sportlichen Erfolg verschrieben haben, sondern eher akademische Fokusfelder bedienen. Robin Harris, Geschäftsführer der Ivy League, zu der Amerikas angesehenste und älteste Hochschulen Harvard, Yale, Columbia und Princeton gehören, ist einer der großen Kritiker des Deals. Obwohl kein einziger Athlet der Ivy League geklagt hatte solle man sich nun an den Kosten der Verklagten beteiligen. Das stößt bei ihm auf großes Unverständnis.

Auch unter den Sportlerinnen und Sportlern sorgt die Einigung nicht für anhaltende Jubelstürme. Dort ist man der Meinung, dass eine Ausschüttung von 22 Prozent der Gesamteinnahmen an diese zu gering sei. In den jeweiligen Profiligen der Sportarten sind es ca. 50 Prozent die an die Akteure ausgezahlt werden.

Schreibe einen Kommentar